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23.11.2015 | Artikel

Wie umgehen mit Freihandel?

Von: Marius Mühlhausen

 

Am 18. November 2015 organisierte der AWO Bundesverband eine spannende Diskussionsveranstaltung in Brüssel zum Thema „TTIP, CETA und TiSA – Internationale Abkommen als Gefahr für die soziale Infrastruktur Europas?“ Der stellvertretende Vorsitzende des Präsidiums des AWO Bundesverbandes Prof. Dr. Thomas Beyer machte in seinem Grußwort gleich zu Beginn deutlich, dass die Freie Wohlfahrtspflege einen wesentlichen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt leistet. Deshalb dürfe dieser sensible Bereich nicht durch weitere Liberalisierungen zum Spielball von Investoren werden.
In seinem anschließenden Vortrag fand der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes Wolfgang Stadler deutliche Worte. „Wir müssen die Gefahr klar benennen: Würde dieser geschützte Bereich der Freien Wohlfahrtspflege über die Hintertür der derzeit in Verhandlung stehenden Freihandelsabkommen komplett dem freien Markt ausgesetzt, dann würde der Druck durch gewinnorientierte Marktteilnehmer zu Lasten der Menschen und unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen“, sagte er. Stadler gelang es in kurzer Form die Standpunkte der AWO und der Freien Wohlfahrtspflege zusammenzufassen. Anschließend sprach Matthias Machnig zu den Gästen. Als Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wurden seine Worte mit Spannung erwartet. Er versuchte zu Beginn drei aus seiner Sicht oft falsche Vorurteile gegenüber insbesondere dem Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten zu entkräften. Er sehe es erstens nicht, dass Schwellenländer durch ein solches Abkommen abgehangen würden. Vielmehr würden sie stattdessen auch vom Welthandel profitieren. Genauso wäre ein Freihandelsankommen zweitens nicht nur im Interesse der Großkonzerne, sondern vor allem im Sinne kleiner- und mittelständischer Unternehmen. Drittens stellte Machnig heraus, dass dem anfänglichen Demokratie- und Transparenzdefizit nun mehr und mehr begegnet würde.
Wie strittig die von ihm angeführten Punkte dennoch auch unter den Experten sind, wurde in der anschließenden Diskussion unter der Leitung der ZEIT-Redakteurin und fachkundigen Expertin Petra Pinzler deutlich. Es diskutierten Ska Keller (Grüne, Mitglied des Europäischen Parlaments), Prof. Dr. Thomas Beyer, Erich Fenninger (Bundesgeschäftsführer der Volkshilfe Österreich), Bernd Lange (SPD, Mitglied des Europäischen Parlaments) sowie Matthias Machnig. Die zum Teil kontroversen Beiträge der Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer zeigten nicht nur die hohe Fachlichkeit aller, sondern vor allem den enormen Bedarf, das Thema intensiv zu bearbeiten. Dass dies auch weiterhin nicht nur in Berlin, sondern auch von Brüssel aus geleistet wird im Sinne des sozialen Fortschritts und unter Beachtung der deutschen Strukturen, stellte der Generalsekretär von Solidar, Conny Reuter, heraus. Für die Arbeiterwohlfahrt ist klar, dass sie für den Erhalt des sozialrechtlichen Dreiecks genauso streiten wird wie für eine stärkere demokratische Kontrolle von Freihandelsabkommen. Entscheidend ist vor allem, dass die erreichten sozialen Standards in der Europäischen Union nicht abgesenkt werden.

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