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11.02.2016 | Artikel

Evaluation des Bundesfreiwilligendienstes und der Jugendfreiwilligendienste FSJ und FÖJ

Von: Tina Stampfl

 

Im Dezember 2015 wurde der Abschlussbericht der gemeinsamen Evaluation der drei gesetzlich geregelten Freiwilligendienste im Inland veröffentlicht: Bundesfreiwilligendienst (BFD), Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ). Die Studie fand über drei Jahre im Auftrag des Bundesfamilienministeriums statt und wurde von den Instituten INBAS und INBAS-Sozialforschung sowie dem Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) durchgeführt.

Der Abschlussbericht liefert eine Fülle von Einzeldaten zu verschiedenen Aspekten der Freiwilligendienste. Viele Daten stützen die Ergebnisse früherer Evaluationen. Somit bietet die Studie eine detaillierte Zustandsbeschreibung der Freiwilligendienste und zeichnet ein sehr positives Gesamtbild – die Erwartungen der Freiwilligen werden durchweg erfüllt bzw. sogar übererfüllt, die Einschätzungen der Einsatzbedingungen und der pädagogischen Begleitung fallen sehr positiv aus. Die Untersuchung zeigt außerdem eine hohe Evidenz für die Wirkmächtigkeit der Freiwilligendienste im Hinblick auf Persönlichkeitsentwicklung, Kompetenzerwerb und Berufsorientierung. Das ist sehr erfreulich. Es bestätigt die hohe Qualität der Freiwilligendienste und ihre gesellschaftliche Bedeutung.

Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Freiwilligendienste liefert die Evaluation jedoch kaum. Ein Großteil der Ergebnisse ist ausschließlich deskriptiv, was auch daran liegt, dass die Evaluation kaum hypothesengeleitet vorgenommen wurde. Bei der Formulierung der Evaluationsziele ist leider keine Fokussierung auf konkrete, besonders interessante Erkenntnisgegenstände erfolgt (z.B. die Untersuchung bestimmter Personengruppen). Die Analyse kommt insgesamt zu kurz.

Der größte Mangel besteht darin, dass keine Strukturwirkungen untersucht wurden. Die unterschiedlichen Organisationsstrukturen wurden nicht differenziert, etwa: Wird der Bundesfreiwilligendienst mit oder ohne Trägerstruktur durchgeführt? Bieten Träger und/oder Einsatzstellen unterschiedliche Freiwilligendienstformate an oder nur eines? Gibt es ein formatübergreifendes Seminarangebot oder werden die Freiwilligen nach Formaten getrennt begleitet? Erfolgt die Seminarbetreuung der Freiwilligen in konstanten oder wechselnden Seminargruppen? u.v.m.. Stattdessen erfolgt die Ergebnisdarstellung überwiegend entlang der groben Unterscheidung nach den Formaten FSJ, FÖJ, BFD unter 27 Jahren und BFD ab 27 Jahren. Das führt leider an vielen Stellen zur Verzerrung der Ergebnisse (Verdeckung von möglichen Unterschieden oder Gemeinsamkeiten) oder bringt wenig bis keinen Erkenntnisgewinn. So bieten beispielsweise die Träger der AWO sowohl das FSJ als auch den BFD an und setzen beide Dienste für jüngere Freiwillige weitgehend einheitlich um - in fortlaufenden Seminargruppen mit einer intensiven individuellen Begleitung durch den Träger. Interne Evaluationen ergeben entsprechend keine Unterschiede in der Bewertung des FSJ und BFD bei Freiwilligen unter 27. Bundesweit bestehen aber durchaus sehr verschiedene Modelle der Umsetzung insbesondere des Bundesfreiwilligendienstes. Leider wurde die Chance verpasst, die Wirkungen dieser unterschiedlichen Organisationsstrukturen in der Evaluation zu untersuchen. So bleibt an vielen Stellen unklar, auf welche Faktoren bestimmte Bewertungen und Unterschiede tatsächlich zurückzuführen sind.

Am 27. Januar 2016 wurde der Evaluationsbericht in einer öffentlichen Sitzung des Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement im Bundestag vorgestellt und diskutiert. Es erfolgte eine Kommentierung durch die Staatsekretärin Elke Ferner sowie durch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW), den Bundesarbeitskreis FSJ und den Bundesarbeitskreis FÖJ. Der AWO Bundesverband wird sich an der weiteren Auswertung und Dikussion der Ergebnisse innerhalb dieser Gremien und mit der Politik beteiligen.

Der Gesamtbericht steht als PDF zum Herunterladen zur Verfügung.

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