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15.07.2015 | Artikel

„Qualitätsausschuss“ des PSG II zu einer demokratisch legitimierten Selbstverwaltung weiterentwickeln

Von: Claus Bölicke

 

Im Zusammenhang mit der Anhörung des Bundesgesundheitsministerium zum Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) begrüßt die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) grundsätzlich die Etablierung eines Qualitätsausschusses als Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung in der Pflege als ersten Schritt. Gleichwohl fordert sie die konsequente Weiterentwicklung des vorgesehenen Ausschusses zu einer wirklich arbeitsfähigen Struktur.

„Mit der jetzt vorgeschlagenen Lösung ist niemandem wirklich geholfen“, betonte Dr. Gerhard Timm, Geschäftsführer der BAGFW heute in Berlin. „Wir fordern u.a. klare Kriterien zur Zusammensetzung des Ausschusses und die Schaffung einer Richtlinienkompetenz. Dazu hat die BAGFW einen eigenen Vorschlag vorgelegt, der sich am Modell des Gemeinsamen Bundesausschusses im SGB V orientiert, ohne dessen Größe und Strukturdefizite zu übernehmen.“
Der nun vom Gesetzgeber geplante Qualitätsausschuss nach § 113b SGB XI stellt einen „Zwitter“ zwischen der bisherigen Schiedsstelle Qualitätssicherung und neuen Strukturen der Selbstverwaltung zur Qualitätssicherung dar. Hinsichtlich seiner Zusammensetzung fehlt es aus Sicht der BAGFW an klaren Kriterien, aus denen sich ableiten lässt, welche Vereinigung der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene als Mitglied in der neuen Selbstverwaltungsstruktur legitimiert ist. Der neue Qualitätsausschuss erfüllt die Funktion der Konfliktlösung, indem ein unparteiischer Vorsitzender und zwei weitere unparteiische Mitglieder im Bedarfsfall hinzugezogen werden können. Demnach fehlt es an einer permanenten Ergänzung der Selbstverwaltungspartner durch Unparteiische. Wie auch bisher schon, stellen die Vereinbarungen und Beschlüsse, die der Qualitätsausschuss treffen kann, lediglich vertragliche Vereinbarungen bzw. Beschlussfassungen dar, jedoch keine Richtlinien. Es bleibt auch unklar, was vertragliche Vereinbarungen und was Beschlussfassungen sind und worin sich diese unterscheiden. Damit unterscheidet sich das neue Gremium nicht wesentlich von der bisherigen Praxis. Der Qualitätsausschuss kann sich wissenschaftlicher Expertise bedienen, nämlich in Form der geplanten „qualifizierten Geschäftsstelle“. Wobei deren Existenz auf fünf Jahre begrenzt wird. Außerdem werden hier die Aufgaben der Koordination der Selbstverwaltung und der fachlich-wissenschaftlichen Beratung vermischt.

Die BAGFW hat demgegenüber ein weitergehendes und klares Modell für eine neue Selbstverwaltung entwickelt, das sich am Modell des Gemeinsamen Bundesausschusses im SGB V, allerdings in deutlich schlankerer Form, anlehnt und die benannten Strukturdefizite vermeidet.
Gegenüber der im Referentenentwurf vorgesehenen Struktur entstünde mit einem Qualitätsausschuss nach dem BAGFW-Modell eine Selbstverwaltungsstruktur mit eingebautem Konfliktlösungsmechanismus, da der unabhängige Vorsitzende und zwei weitere unparteiische Mitglieder ständige Mitglieder dieser Struktur wären und nicht bei Bedarf hinzuziehende Schiedspersonen. Aufgrund der Rolle des unabhängigen Vorsitzenden könnten Patt-Situationen vermieden werden. Die von der BAGFW vorgeschlagene Struktur würde auch eindeutig gesetzlich regeln, welche Verbände demokratisch legitimierte Mitglieder wären.

„Das Modell sieht ferner eine Dritte Bank aus Vertreterinnen und Vertretern der auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe pflegebedürftiger Menschen und von Menschen mit Behinderung vor“, so Timm weiter. „Sie sollen mitberaten können und antragsberechtigt sein. Ihre Beteiligung als dritte Bank ist ein Beitrag zur Beteiligung und Transparenz der Verfahren zur Qualitätssicherung.“

Ein weiterer zentraler Unterschied zum im Referentenentwurf vorgelegten Modell eines Qualitätsausschusses ist der Grad der Verbindlichkeit, den die Entscheidungen eines solchen Ausschusses haben. Die Beschlüsse eines Qualitätsausschusses nach BAGFW-Modell haben den rechtsverbindlichen Charakter einer Richtlinie. Er würde Richtlinien über die Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität und Richtlinien zu den Ergebnissen von Qualitätsprüfungen einschließlich der Qualitätsberichterstattung erlassen. Durch diese Richtlinienkompetenz wäre die bisherige Problematik, wie die Allgemeinverbindlichkeit von Vereinbarungen hergestellt werden kann, juristisch sauber gelöst.

Zur Erarbeitung eines konkreten Gesetzentwurfes hat die BAGFW den Hamburger Anwalt Dr. Markus Plantholz von der Kanzlei Dornheim beauftragt. Der Entwurf ist Teil der Stellungnahme der BAGFW zum PSG II und auf der Website www.bagfw.de zu finden.

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