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Verfestigte Armut

Von: Sophie Schwab

 

Die Zahl der von Armut bedrohten und betroffenen Menschen in Deutschland stagniert unverändert auf hohem Niveau. Nach der aktuellen Sozialberichterstattung lebten 2016 15,7 % der Bevölkerung unterhalb der Einkommensschwelle 969 Euro (Einkommensschwellen für andere Haushaltstypen als Alleinstehende sind entsprechend höher). Das sind fast 13 Millionen Menschen!

Das Paradox: Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist eigentlich sehr gut. Das zeigt sich u.a. durch die niedrige Arbeitslosenquote (August 20178: 5,7, %) und die steigenden Reallöhne. Von dieser positiven Entwicklung profitieren allerdings nur wenige. Armut in Deutschland hat sich als strukturelles Problem herausgebildet und verfestigt. Die Vielschichtigkeit von Armut geht über die materielle Situation hinaus und umfasst Aspekte wie Bildung, Erwerbsstatus, Gesundheit, Wohnsituation einschließlich Wohnumfeld, die Familiensituation und soziale Netzwerke. Sprich: Armut ist weit mehr als Einkommensarmut. Aus Sicht der AWO darf die Armutspolitik der Bundesregierung daher nicht länger das Hauptaugenmerk auf das individuelle Verhalten legen, sondern muss sich auf den Wandel der Verhältnisse konzentrieren.

Für die AWO sind steigende Armut und wachsende Ungleichheit nicht akzeptabel. Einerseits weil daraus die Schwächung der gesellschaftlichen Wirtschaftsleistung resultiert und andererseits mit Blick auf in Armut lebende Menschen strukturell bedingte Ungerechtigkeiten folgen: Weniger Bildung, schlechtere Gesundheit, weniger Lebensjahre und geringere politische und soziale Teilhabe. In dem Analysepapier der AWO „Selber schuld?“ wird Armut in Verbindung mit sämtlichen Fachthemen des AWO Bundesverbandes betrachtet, den Ursachen auf den Zahn gefühlt und politische Forderungen zur Armutsbekämpfung aufgestellt.

Armut als Folge von strukturellen Ursachen beschränkt sich nicht nur auf persönliche Lebenssituationen, sondern hat  auch kollektive Folgen, die das demokratische freiheitliche System berühren. Für eine wirkliche Armutsbekämpfung ist daher dringend eine Querschnitts- und Gesamtstrategie erforderlich. Angesichts der fragmentierten und versäulten Politiklandschaft, die bisher ausschließlich mittels einzelner Maßnahmen und punktuell die Symptome von Armut bekämpft, muss ein neuer ganzheitlicher Weg beschritten werden. Die Bundesregierung muss die Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe ansehen. Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet die Bundesregierung, für soziale Gerechtigkeit zu sorgen.

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