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04.11.2016 | Pressemitteilung

AWO fordert deutliche Nachbesserungen beim Bundesteilhabegesetz

Von: Mona Finder

 

Am 7. November 2016 findet im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales die Anhörung zum neuen Bundesteilhabegesetz (BTHG) statt. „Die Befürchtung, dass durch das neue Gesetz viele Menschen aus dem Leistungsbezug herausfallen, muss ernst genommen werden. Dem Gesetz sollte eine Pilotphase vorgeschaltet werden. Stellt sich dabei heraus, dass Menschen mit  Unterstützungsbedarf aus dem Leistungssystem herausfallen,  muss der Gesetzentwurf nachgebessert werden“, stellt AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker klar. „Die sogenannte Schnittstelle zu Pflegeleistungen muss noch grundlegend justiert werden", so Döcker weiter. Geht es nach den Gesetzentwürfen BTHG und PSG III würde für Menschen mit Behinderungen, die in der eigenen Wohnung leben, zukünftig vorrangig die Pflegeversicherung zuständig sein. „Aber Leistungen zur Alltagsbewältigung, wie sie in erster Linie für demenziell erkrankte Menschen vorgesehen sind, können die Leistungen der Eingliederungshilfe, die auf eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft abzielen, nicht einfach ersetzen. Auch hier müssen die Abgeordneten dafür Sorge tragen, dass auch mit dem Bundesteilhabegesetz wie bisher gilt, dass je nach individuellem Bedarf Leistungen der Eingliederungshilfe und Pflegeleistungen nebeneinander gewährt werden", betont Brigitte Döcker.

„Ich hoffe sehr, dass die Bundestagsabgeordneten heute im Ausschuss den Verbandsvertretern und Sachverständigen genau zuhören, damit am Ende doch noch ein Bundesteilhabegesetz auf den Weg gebracht wird, das diesen Namen verdient."

Brigitte Döcker, AWO-Vorstandsmitglied

An der Schnittstelle zur Pflege gibt es nach Meinung der AWO ein weiteres sehr ernstes Problem. Für Menschen, die beispielsweise aufgrund einer körperlichen Behinderung pflegebedürftig sind und die in einem Wohnheim leben, wird heute nur ein monatlicher Betrag von maximal 266 Euro aus der Pflegeversicherung gezahlt. „Das ist viel zu wenig, um die benötigte Pflege zu finanzieren. Es wäre nicht hinnehmbar, wenn nun mit dem Bundesteilhabegesetz diese Deckelung von Pflegeleistungen auch auf Wohngemeinschaften ausgeweitet würde, in denen Eingliederungshilfe geleistet wird. Menschen mit Behinderungen, die heute durch einen ambulanten Pflegedienst unterstützt werden, werden mit einer solchen Regelung gezwungen, in ein Pflegeheim zu ziehen", warnt Brigitte Döcker. Die AWO fordert schon lange, dass pflegebedürftige Menschen mit Behinderungen die vollen Leistungen der Pflegeversicherung erhalten müssen, unabhängig davon, wo sie wohnen. „Die absolut nicht sachgerechte Pauschalierung von Pflegeleistungen in Wohnheimen der Behindertenhilfe nun noch auszuweiten auf weitere Wohnformen, muss von den Abgeordneten verhindert werden", betont Döcker. Schließlich sei die Reform der Eingliederungshilfe nicht zum Nulltarif zu haben. „Wer ein modernes Teilhaberecht schaffen will, das den Vorgaben der UN-Behindertenkonvention entspricht, muss dafür auch die notwendigen Mittel bereitstellen", betont Vorstandsmitglied Döcker und erklärt abschließend: „Ich hoffe sehr, dass die Bundestagsabgeordneten heute im Ausschuss den Verbandsvertretern und Sachverständigen genau zuhören, damit am Ende doch noch ein Bundesteilhabegesetz auf den Weg gebracht wird, das diesen Namen verdient." Zu würdigen sei, dass es nach dem vorliegenden Gesetzentwurf für Menschen mit Behinderungen in Zukunft einfacher werden soll, im Zuständigkeitswirrwarr der verschiedenen Rehabilitationsträger den richtigen Ansprechpartner zu finden, wenn das Gesetz so kommt. Auch das Budget für Arbeit ist positiv einzuschätzen. Des Weiteren begrüßt die AWO die deutliche Anhebung des Einkommensfreibetrages, die deutliche Anhebung des Schonvermögens für die Lebensführung und Altersvorsorge sowie die Anrechnungsbefreiung der Vermögen von Ehegatten und Lebenspartnerinnen als ersten Schritt zum Herauslösen der Eingliederungshilfe aus dem Sozialhilferecht.

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